Position des BUND Landesverbandes Rheinland-Pfalz
Die in diesem Papier festgeschriebene Position bezieht sich nur auf Klein- (Leistung unter 1 MW) und Kleinstwasserkraftanlagen (Leistung unter 100 kW)
Die Problematik der Wasserkraftnutzung stellt sich in zwei gegenteiligen Positionen dar:
- Die Nutzung der Wasserkraft ist zu befürworten, da sie die Energie aus einer regenerierbaren Quelle schöpft und gleichzeitig keine Emissionen entstehen. Weiterhin stellen Kleinwasserkraftanlagen eine Möglichkeit dar, die Energieversorgung zu dezentralisieren.
- Die mit der Wasserkraft automatisch verbundenen wasserbaulichen Veränderungen am Gewässer stellen einen Eingriff in den Naturhaushalt des Gewässers mit seinem Umfeld dar und sind deshalb nicht zu tolerieren. Das Ökosystem Fließgewässer erfährt gerade durch die erforderliche Stauhaltung einen massiven Eingriff.
Hieraus ergibt sich ein Konflikt, der von den Arbeitskreisen Wasser und Energie in beiliegenden Statements jeweils dargestellt wird.
Als Kompromiß aus den genannten Papieren haben die beiden Arbeitskreise folgende Anforderungen des BUND Rheinland-Pfalz an die Wasserkraftnutzung abgestimmt:
Vor der Förderung alternativer Energieerzeugungsarten wie Sonne, Wind, Blockheizkraftwerke etc. muß eine Reduzierung des Energieverbrauchs und eine gezielte Einsparung beim Stromverbrauch erfolgen.
- Bereits im Betrieb befindliche Wasserkraftanlagen werden trotz der ökologischen Bedenken toleriert.
- Neuanlagen oder Wiederinbetriebnahmen werden abgelehnt, wenn zu ihrer Errichtung eine neue Staustufe notwendig wird. Abgelehnt wird auch die Reaktivierung verfallener Staustufen.
- Sonstige Neuanlagen oder Wiederinbetriebnahmen sollen im Einzelfall kritisch geprüft werden.
- Erweiterungen bestehender Anlagen sind aus ökologischen Gründen nur in Ausnahmefällen zu genehmigen; sie sollen im Einzelfall kritisch geprüft werden.
- Die Reaktivierung von Anlagen ist ein erneuter Eingriff. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist im Rahmen des wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahrens durchzuführen.
- Bei der Einzelfallprüfung sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:
- Die Durchgängigkeit des Gewässers ist zu gewährleisten.
- Natürliche Gewässerstrukturen sind zu erhalten.
- Eine Wiederherstellung naturnaher Strukturen am Gewässer sollte durch die Anlagen nicht unmöglich gemacht werden.
- Die Möglichkeit der Wanderung von Gewässerlebewesen und der Material-Verdriftung sollte durch Umgehungsgerinne sichergestellt werden.
- Das Aufsteigen von Fischen und anderen Organismen in die Turbine muß durch geeignete Maßnahmen unterbunden werden.
- Anlagen mit Schwall- und Sunkbetrieb werden abgelehnt.
Bei Anlagen mit aufgeteiltem Gewässerabfluß darf eine Mindestabflußmenge nicht unterschritten werden. Diese wird im einzelnen nach folgenden Kriterien festgelegt:
- Einhaltung der Mindestwassertiefe,
- Erhaltung der natürlichen Abflußschwankungen,
- Erhalt der natürlichen Sauerstoff- und Temperaturschwankungen,
- Verhinderung von unnatürlichem Trockenfallen von Gewässerbereichen.
Erstellt von den Arbeitskreisen Energie und Wasser des BUND Rheinland-Pfalz.
Erläuterungen des Arbeitskreises Energie im BUND Rheinland-Pfalz zum Positionspapier des Landesverbandes zur Wasserkraftnutzung in Klein- und Kleinstwasserkraftwerken
Unsere aktuelle Energieversorgung beruht nach wie vor größtenteils auf fossilen Energiequellen (Kohle, Erdöl, Erdgas) und Atomenergie. Sie krankt an zwei wesentlichen Punkten:
- Die benutzten Energieträger sind fast alle nicht regenerativ und werden in teilweise gar nicht ferner Zukunft zur Neige gehen
- Sie verschmutzen die Umwelt mit einer Vielzahl von Schadstoffen bzw. radioaktiver Strahlung.
Der AK Energie hält daher die radikale Energieeinsparung und die verstärkte Nutzung regenerativer Energieträger für unbedingt und einzig "zukunftsfähig". Eine andere Lösung der gesamten Umweltschutzproblematik, die fast überall mit dem Thema "Energie" verknüpft ist, ist nicht in Sicht. Hierzu bedarf es nicht nur eines Umdenkens in unserer Gesellschaft, die sich von dem rein quantitativen Wachstumsgedanken entfernen muß, sondern auch einer Vielzahl von technischen, organisatorischen und gesetzgeberischen Maßnahmen.
Es ist an dieser Stelle sicherlich nicht nötig, ausführlich auf die einzelnen Folgen der überwiegenden Verwendung fossiler und atomarer Energieträger einzugehen. Sie können bei Bedarf gerne beim AK Energie nachgefragt werden. Schlagwortartig seien hier die einzelnen Problemfelder genannt:
Endlichkeit
Schon in wenigen Jahrzehnten werden die Vorräte der oben genannten Primärenergieträger zur Neige gehen. Lediglich Kohle wird es noch etwas länger geben. Das Auffinden neuer Energien ist absolut nicht zu erwarten. Hoffnungen auf zum Beispiel die Kernfusion sind trügerisch, da sie, sollten sie je funktionieren, weitere Umweltprobleme mit sich bringen wird. Wichtig ist, daß die Menschheit sich rechtzeitig auf die Zeit nach den nicht regenerativen Energieträgern umstellt.
Klimaproblematik (Kohlendioxid, Methan, Stickoxide, FCKW, bodennahes Ozon)
Der Kohlendioxidanteil der Luft ist seit Beginn der Messungen um etwa ein Viertel angestiegen. Ähnliches gilt für die anderen oben genannten Stoffen. Der damit verbundene Treibhauseffekt steigt mit dem Verbrauch fossiler Energieträger. Verschiedene Rechnungen kommen zwar zu unterschiedlichen Ergebnissen, was die Steigerung der Durchschnittstemperatur auf der Erde anbelangt, die grundsätzliche Aussage, daß sie steigen wird, ist aber nahezu unbestritten. Die Folgen sind bekannt: Abschmelzen von Gletschern, Anstieg des Meeresspiegels, Überflutung von Küstenregionen vor allem in ärmeren Ländern, Verschiebung der Vegetationszonen, zunehmende Zahl schwerer Stürme, Ausbreitung tropischer Insekten in ehemals gemäßigten Zonen usw.
Saurer Regen und Waldsterben (Schwefeldioxid, Stickoxide, Ammoniak)
Das Waldsterben in seinem zur Zeit auf äußerst hohem Niveau stagnierenden Ausmaß ist nur die bekannteste Auswirkung des Sauren Regens. Grund- und Oberflächengewässer-Versauerung, Schäden an Bauwerken usw. zeigen die große Bandbreite der Schädigungen auf. Schwefeldioxid und die Stickoxide werden in erster Linie beim Verbrauch von Energie freigesetzt und sind trotz gewisser Erfolge in den letzten Jahren noch immer von hoher Bedeutung.
Smog (Schwefeldioxid, Staub, Ozon, Kohlenmonoxid)
Auch wenn Landesregierungen Smogverordnungen aufheben, so ist dieses Problem lange noch nicht vom Tisch. Der "klassische" Smog mit der Leitsubstanz Schwefeldioxid ist in unseren Breiten zwar etwas seltener geworden; dafür hat sich der "Sommersmog" (Leitsubstanz Ozon) verstärkt. In beiden Fällen ist der Hauptverursacher der Energieverbrauch (Straßenverkehr!).
Radioaktivität
Das hohe Risikopotential der Atomenergie vom Uranabbau über die Brennelementeherstellung, den Betrieb und die nach wie vor ungesicherte Entsorgung inklusive der zahlreichen Transporte bedarf keiner weiterer Erläuterungen.
Sonstige Luftbelastung
In den obigen Punkten nicht enthalten sind weitere Belastungen der Luft durch Kohlenwasserstoffe, Schwefelwasserstoff usw., die ebenfalls dem Energiebereich zugeordnet werden müssen.
Gewässerbelastungen
Die Probleme mit Ölpesten, Abwärmebelastung durch Kraftwerke oder Grundwasserabsenkungen beim Braunkohletagebau sind geläufig. Häufig weniger bekannt sind hingegen die Belastungen durch Grubenabwässer beim Bergbau, Wasserverschmutzung durch Kohlehalden, riesigen Wassermengenbedarf der Energiewirtschaft u.ä.
Belastungen von Land und Boden
Stichworte sind hier Landverbrauch und Flächenbeanspruchung, Bodensackungen durch Bergbau u.ä.
Bedrohungen für Fauna und Flora
Durch Energieverbrauch werden vielfältige Belastungen für die Tier- und Pflanzenwelt verursacht. Als Beispiele seien genannt: Beeinträchtigung natürlicher Lebensräume, Nutzung ursprünglicher Naturlandschaften, Folgen der Verlegung von Pipelines für Wildtiere sowie diverse Sekundärwirkungen durch Wasser-, Boden- und Luftverschmutzungen.
Risiken und Sonstiges
Vom Berufsrisiko bis zur Gefahr eines Super-GAU, von Lärmbelästigungen bis zu Explosionen, von Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes bis hin zur Abfallproblematik spannt sich hier der Bogen.
Keine Energieverwendung geht ohne Umweltbelastungen ab. Dies gilt auch für die regenerativen Energiequellen. Es muß daher darauf geachtet werden, daß die Umweltauswirkungen möglichst gering ausfallen. Hier sind die Erneuerbaren häufig im Vorteil. Auch die dezentrale Grundstruktur darf als Vorzug genannt werden.
Ein zukunftsfähiges Deutschland (resp. Rheinland-Pfalz) muß als wesentlichen Inhalt die deutliche Reduzierung oben genannter Belastungen haben. Dies ist auf drei Wegen möglich:
Energiesparen (Verhaltensänderungen; z.B. Heizung kleiner oder Zug statt PKW)
Rationelle Energieverwendung (sparsamere Techniken; z.B. kein Strom im Wärmemarkt oder sparsamere Waschmaschine)
Einsatz regenerativer Energieträger (Sonne, Wind, Wasser, Biomasse).
Nur einen oder zwei dieser Pfade zu beschreiten, wäre zu wenig. Wie in der Studie "Zukunftsfähiges Deutschland" gefordert, ist eine Reduzierung des Energieverbrauchs um 80 bis 90 % bis im Jahr 2050 möglich und nötig. Der Rest sollte dann durch erneuerbare Energieträger in Verbindung mit fossilen Energiequellen (in Ausnahmen) bestritten werden. Es geht also nicht um Energiesparen/ rationelle Energienutzung oder regenerative Energie- träger, sondern um sparsame Nutzung und Erneuerbare. Dies entspricht der BUND-Linie seit 20 Jahren und geht als Forderung auch eindeutig aus oben genannter Studie hervor: "...Im Szenario >Zukunftsfähiges Deutschland< werden zusätzlich folgende Handlungsoptionen genutzt: Progressiver Ausbau der Photovoltaik und verstärkte Nutzung der übrigen erneuerbaren Energien;..." (Kurzfassung S. 31; Hervorhebung durch Verfasser).
Ähnliches findet sich auch in der rheinland-pfälzischen Version: "...müssen die regenerativen Energiequellen massiv ausgebaut werden. Aus der Einsicht, daß weder die Energiegewinnung noch deren Einsatz umweltneutral gestaltet werden kann, muß der Energieverbrauch der Gesellschaft parallel dazu deutlich gesenkt werden. ..." ("Zukunftsfähiges Rheinland-Pfalz", S. 20).
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, daß der Anteil erneuerbarer Energieträger am gesamten Energieverbrauch durch dessen radikale Erniedrigung stark steigt. Haben wir im Moment etwa beim Strom einen Anteil von knapp 5 % regenerativer Träger, so würde (ohne absolute Steigerung) dieser Anteil bei einer 80-prozentigen Reduzierung des Stromverbrauchs bereits auf 25 % steigen.
Beim Ausbau der regenerativen Energieträger sind Konflikte mit dem Naturschutz unvermeidlich. Es muß die schwierige Abwägung erfolgen zwischen dem eher kleinräumigen Schutz des Baches, des Bodens, der Landschaft usw. und dem großräumigen, indirekten Problem der (Luft-)Verschmutzung. Dies haben der AK Wasser und der AK Energie mit dem vorliegenden Papier versucht, um den einzelnen Mitgliedern/Kreis-/Ortsgruppen eine Leitlinie an die Hand zu geben.
Erläuterungen des Arbeitskreises Wasser im BUND Rheinl.-Pfalz zum Positionspapier des Landesverbandes zur Wasserkraftnutzung in Klein- und Kleinstwasserkraftwerken
Warum ist der Erhalt naturnaher Gewässerstrukturen so wichtig?
Unsere Fließgewässer sind zahlreichen negativen Einwirkungen ausgesetzt. Dazu gehört noch immer die punktuelle oder diffuse Einleitung von Schmutz- und Nährstoffen sowie von Wärme. Darüberhinaus schädigen Eingriffe in die Gewässerstruktur das Ökosystem Fließgewässer nachhaltig (Begradigungen mit Zwangspunkten, Brücken, Straßen/Wege, Leitungstrassen für Gas, Trinkwasser/ Abwasser, Kanalisierung in Ortsbereichen, Umleitungen zur Schaffung einheitlicher Flächen usw.).
Die langfristige Wiederherstellung der natürlichen Gewässerstrukturen ist als das wichtigste Ziel für unsere Gewässer anzusehen. Sie erhöht die Selbstreinigungsfähigkeit und wirkt dadurch auch positiv auf die Wasserqualität. Sie beeinflußt außerdem durch eine ausgleichende Wirkung auf den Wasserhaushalt die Retentionsfähigkeit. Nicht zuletzt ist sie im Hinblick auf den Artenschutz wichtig, denn unsere Gewässer stellen für viele Arten einen unersetzbaren Lebensraum dar.
Ein naturnaher Bach zeichnet sich durch eine hohe Strukturvielfalt der Gewässersohle, der Ufer und der Aue aus. Der Bach ist möglichst flach und breit. Standorttypische Gehölze sorgen für eine dauernde Beschattung und für eine intensive Vernetzung mit der Aue. Schädigungen der Gewässerstruktur sind meistens irreversibel und können nur sehr langfristig (50 - 200 Jahre) durch natürliche Prozesse wieder ein Gleichgewicht erreichen.
In Rheinland-Pfalz wird dieser Forderung im Rahmen der "Aktion Blau" Rechnung getragen. Anhand des Leitbildes des potentiell natürlichen Gewässerzustandes werden Entwicklungsziele für die einzelnen Gewässerabschnitte festgesetzt. Die Umsetzung ist langfristig anzustreben und soll nur in Bundeswasser- straßen und in Ortslagen Einschränkungen haben.
Eine Wasserkraftanlage erfordert ein Wehr mit Aufstau, eine Ableitung oder Teilableitung des Wassers, zumindest teilweise eine Befestigung der Ufer, evtl. auch der Sohle, ein Ausleitungsbauwerk sowie technische Zusatzeinrich-tungen (Gebäude, Anfahrtswege usw.). Durch diese baulichen Maßnahmen wird die natürliche Gewässerstruktur sehr nachhaltig beeinträchtigt. Im folgenden werden die Beeinträchtigungen im einzelnen aufgeführt.
Welche Schäden verursachen Wasserkraftanlagen an den Gewässern beim Bau und beim Betrieb?
- Flächenbeanspruchung und Flächenbeeinträchtigung durch die baulichen Anlagen und durch den Baubetrieb sind einschneidend, da sich die Lebensräume am Fließgewässer und im Auebereich stark verändern.
- Durch den Uferverbau wird die Verbindung zur Aue unterbrochen und der Lebensraum „Ufer", mit seiner Bedeutung für alle Fließgewässer-typischen Tierarten, die Flachufer oder flache Kiesgerinne benötigen fällt weg.
- Um seine Anlage optimal auszunutzen ist der Betreiber bestrebt, soviel Wasser als möglich und in den ihn interessierenden Zeiträumen zur Verfügung zu haben. In jedem Fall ist die Ableitung von Wassermengen aus der fließenden Welle eine deutliche Störung des natürlichen Wasserregimes mit seinen unterschiedlichen Wasserständen und Strömungsgeschwindigkeiten.
- Durch den Aufstau (mehr als 99,9 % der Anlagen) und die Ausleitung wird die Fließgeschwindigkeit im Gewässer verändert. Die Reduktion der Strömungsgeschwindigkeit bewirkt einen Verlust der Geschiebe-Durchgängigkeit. Die Sohlstruktur verändert sich, im Aufstaubereich kommt es zur Ansammlung von Geschiebeanteilen und Schlämmen und führt so zur Abdichtung der Sohle. Im Auslaufbereich bewirkt die erhöhte Schleppkraft die Eintiefung der Sohle und damit eine Absenkung der Grundwasseroberfläche. Beides bewirkt Veränderungen sowohl im Lebensbereich der Grenzschicht zwischen Oberflächenwasser und begleitendem Grundwasserstrom (hier - im Interstitial - ist der für die Selbstreinigungsfähigkeit des Fließgewässers wichtige Ort des Stoffabbaus) als auch im Austauschvermögen zwischen Oberflächenwasser und begleitendem Grundwasserstrom.
- Die Wehranlage stellt eine Barriere dar, die durch die Unterbrechung des Fließgewässerkontinuums und durch die unterbrochene Drift von Wasserorganismen zu einer Veränderung im Makrozoobenthos führt. Standort-typische Fließwasserarten werden durch Stillwasserarten ersetzt. Die Verschiebung des Artenspektrums betrifft auch die Fische. Die Wiederansiedlung und/oder die natürliche Arterhaltung von meerwandernden Fischarten ist stark gefährdet. Die Barrierewirkung betrifft darüber hinaus auch die Getreibseldrift aus dem Oberwasser (Äste, Fallaub, Detritus). Dadurch wird das Nahrungsangebot verringert und Strukturbildner fallen weg.
- Die Errichtung einer Anlage erzeugt einen neuen Zwangspunkt am Gewässer. Sie steht damit einer natürlichen morphologischen Entwicklung des Fließgewässers entgegen, bei der zum einen die natürlichen dynamische Entwicklung des Gewässerbettes gestört und zum anderen die Verzahnung zwischen Oberflächenwasser und Aue unterbrochen wird. Der Wirkungsbereich betrifft sowohl die Aufstau- und Auslaufstrecke als auch einen weiten Streckenabschnitt unterhalb der Anlage.
- In der Regel ist im gestauten Zulaufbereich im Falle der Überfrachtung der Gewässer mit Nährstoffen mit großen jahreszeitlichen Schwankungen des Sauerstoffgehaltes und des pH-Wertes zu rechnen. Dies kann zu einer zeitweiligen Sauerstoffübersättigung und auch zu Eutrophierungen führen. Vor allem bodennah lebende Wassertiere, aber auch Fische sind davon betroffen.
- Durch die Turbinen und durch die Rechenanlagen können Fischschäden verursacht werden. In beiden Fällen werden vor allem Wanderfische verletzt oder getötet.
- Beim Schwallbetrieb wird die natürliche Wasserführung im Unterlauf entgegen dem normalen Wasserregime auf atypische Weise beeinflußt.
- Durch Reparaturarbeiten werden in der Regel Reinigungs- und Schmierstoffe freigesetzt, die in das Oberflä-chenwasser gelangen können. Wasserablassungen können den Grad der Beeinträchtigung dramatisch steigern.
- Die in regelmäßigen Abständen notwendige Ausräumung der Sedimente im Zulaufkanal (Ausbaggern) und das Ablassen der Ausleitungskanäle (Trockenfallen) verursachen große Eingriffe in die Lebensgemeinschaften des Fließgewässers.
Welche Konsequenzen lassen sich daraus ableiten?
Die gravierenden negativen Auswirkungen von Wasserkraftanlagen auf die Fließgewässer betreffen vor allen die Durchgängigkeit der Gewässer und die Schaffung von Zwangspunkten, die die natürliche morphologische Dynamik verhindern. Bei beiden Problemen wird von der öffentlichen Hand bereits an deren Beseitigung gearbeitet (vgl.: die Arbeitsergebnisse der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR), Projekte wie LACHS 2000, örtlich beschränkte Wiederansiedlungsprojekte für standorttypische Fischarten, sowie die Projekte der "Aktion Blau").
Angesichts des Versuches des Landes Rheinland-Pfalz, die natürlichen Fließgewässerstrukturen wieder herzustellen und der Tatsache, daß die mitteleuropäischen Fließgewässer zu den gefährdetsten Lebensräumen gehören, sind Neuanlagen nicht zu rechtfertigen.
Bestehende Anlagen wirken als Zwangspunkte, welche die morphologische Eigendynamik verhindern und weitgehend in die natürliche Ökologie des Fließgewässers eingreifen. Angesichts des Bestrebens des Landes, die Beeinträchtigungen des Fließgewässerkontinuums zu beseitigen, sind auch Reaktivierungen von Altanlagen zu vermeiden und die dort existierenden Unterbrechungen des Abflusses zu beseitigen. Erweiterungen, welche in der Regel die Restwassermengen verringern würden, können ebenfalls nicht akzeptiert werden.
Dort, wo Kleinwasserkraftanlagen noch in Betrieb sind, sollten die Anstrengungen allein darauf gerichtet sein, den technischen Wirkungsgrad zu erhöhen.
Literatur: Dr. Albrecht Otto (1996, 2. Auflage): Aktion Blau - Gewässerentwicklung in Rheinland-Pfalz, Heft 1.- Mainz (herausgegeben vom Ministerium für Umwelt und Forsten, Kaiser-Friedrich-Str. 7, Mainz)
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Stand der Informationen: 01.12.1998
Seite zuletzt aktualisiert am: 06.03.2009